30 September 2014

In verschiedenen Vorträgen während der Orientierungswoche wurde uns versucht, die Eigentheiten der Norweger näher zu bringen. Das klang im Großen und Ganzen jedoch eher wie eine Selbstreflexion. Die Meisten Dinge hätte man wohl auch in einem Vortrag über die Deutschen gehört. Skepsis gegenüber Fremdem. Das “Maximum-distance”-Prinzip beim Besetzten von öffentlichen Verkehrsmitteln. Beschwerden über das Wetter. Eigenartiges Essen, usw

Was mir jedoch nach mehreren Wochen immer wieder auffällt ist eine Vorliebe für merkwürdige Spiele. Das fing bereits während der Orientierungswoche an. Hielt man sich gegen Abend auf dem Gelände des Moholt-Studentenwohnheims auf, so begenetem einem mit Toga (bzw. Betttüchern) bekleidete Studenten. Gleichzeitig waren Volksfestartig verschiedene Spiele wie eiene Seifenrutsche aufgebaut, an denen alle mit Begeisterung teilnahmen. Auf Nachfrage erfuhren wir, dass dies die “Einführungsparty” für die Ingenieurs-Erstsemester sei. Etwas härter hat es die Maschinenbaustudenten getroffen: Diese mussten gefesselt und geknebelt durch das gesamte Uni-Hauptgebäude robben und dabei eine M8-Mutter mit dem Mund von einer Seite des Gebäudes auf die andere bugsieren.

Kürzlich war ich an einem normalen Wochentag mit dem Fahrrad unterwegs durch die Innenstadt. Während Touristen Fotos von den bunten Häusern im Bakklandet schossen, sah ich ab und zu immer wieder zwei männliche, nur mit Unterhosen bekleidete Studenten wie wahnsinning durch die Straßen sprinten. Dabei waren beide an den Handgelenken aneinander gebunden, der eine hatte einen Schnuller im Mund, während der andere einen schwarzen Regenschrim dabei hatte. Den Zweck dieser Aktion habe ich bis heute nicht herausgefunden. Fakt ist, dass man sich so in München wohl in kürzester Zeit auf der Polizeiwache wiederfinden würde.

Vergangene Woche verbrachte ich einen gemütlichen Abend mit dem Quidditch-Team. Eine gewisse Affinität für Fantasy und LARPs (so genannte Live Action Role Plays) ist wohl bei Leuten, die Quidditch spielen nicht weiter verwunderlich. So war das Appartment der Gastgeberin mit so ziemlich allen Harry-Potter Gadgets vollgestellt, die man sich vorstellen kann. Darüber hinaus durfte natürlich ein Modell von Minas Tirith und Arwens Amulett nicht fehlen. In der Ecke standen das LARP-Schwert, -Schild und Kettenhemd ihres Freundes. Während wir als Schnatz verzierte Muffins aßen, berichteten die Norweger von ihrer Schule in Oslo. Bereits dort gab es ein Quidditch-Team und es sei dort außerdem gängig, an dem “Ninja”-Spiel teilzunehmen. Etwa ein Drittel der Schüler, also ca. 200 nehmen daran teil. Dabei bekommt jeder zufällig einen Namen zugeteilt. Ziel des Spiels ist, die andere Person “umzubringen”. Dies ist möglich durch symbolisches (1) mit einer Tüte ersticken, (2) vergiften (man muss seinem Opfer einen Bitterstoff ins Essen kippen), (3) das Haus anzünden, während sich die Person darin befindet. (Das Haus mit rotem Faden umwickeln). Witz bei der Sache ist, dass man die Person nicht unbedingt kennt, und somit die Person zunächst stalken muss um den Wohnort und Gewohnheiten herauszufinden. Dabei ist es gängige Praxis sein Facebook-Profilbild auf das einer anderen Person zu ändern, um die “Ninjas” auf eine falsche Fährte zu locken. Das Spiel wird so ernst genommen, dass man schon mal Überwachungskameras und Bewegungsmelder rund um sein Haus installiert.

Hier sind noch ein paar Fotos vom Quidditch-Training:



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